Anwendung von Motion-Tracking zur Erstellung von 3D-Szenen und Vermessung darin enthaltener Objekte
(2024)
Die Digitalisierung forensischer Ereignis- und Tatorte hat mittlerweile Einzug in die tägliche Arbeit von Strafverfolgungsbehörden gefunden. Basis für die Erstellung sogenannter 3D-Szenen sind, neben Laserscannern, meist Videoaufnahmen, die vom Boden oder aus der Luft heraus erhoben werden. Die Digitalisierung erfolgt nicht nur zu Dokumentationszwecken, sondern auch um Objekte in den erstellten digitalen Szenen zu vermessen. So robust die Vielzahl an Algorithmen, wie Structure-from-Motion, für die 3D-Erstellung sind, so anfällig sind diese z.B. bei Videomaterial mit minderwertiger Ausleuchtung. Jedoch weisen eine Vielzahl forensisch sowie rechtsmedizinischer Fälle, in denen Täter oder Opfer videographisch erfasst wurden, ebensolches Material als Analysegrundlage auf. Aus diesem Grund erfolgt in diesem Beitrag die Vorstellung eines Workflows zur Erstellung von 3D-Szenen auf Grundlage von Motion-Tracking sowie von Möglichkeiten zur Vermessung von Objekten in 3D-Szenen. Vorteil des Workflows ist, dass lediglich ein zur Verfügung stehendes Video für eine digitale Szenenerstellung ausreicht und keine Vor-Ort-Aufnahmen des Ereignis- oder Tatortes notwendig sind. Der entwickelte Workflow kann unter-stützend für Ermittlungen und Analysen eingesetzt wer-den und bringt einen enormen Mehrwert im Bereich der forensischen 3D-Rekonstruktion und -Vermessung.
Die Gesichtsweichteilrekonstruktion (GWR) stellt in Fällen
nicht identifizierbarer Individuen oftmals die letzte Möglichkeit zur Personenidentifikation dar, wenn etablierte Identifizierungsverfahren, wie die DNA-Analyse und Daktyloskopie, keine Aussicht auf Erfolg bieten. Aus forensischer Sicht besteht das oberste Ziel einer GWR darin, ein möglichst genaues, wahrheitsgetreues Abbild des Individuums zu erstellen, welches dann in Form von Bildern als Grundlage einer Personenidentifizierung dienen kann. Für eine GWR stehen dabei eine Vielzahl von Vorgehensweisen und Methoden zur Verfügung. Jedoch hat in den letzten Jahren die digitale GWR im Vergleich zur manuellen Vorgehensweise immer mehr an Bedeutung gewonnen. Dies ist vor allem auf die Zeitersparnis und Flexibilität zurückzuführen. In der heutigen Zeit werden jedoch die Vorgehensweisen und Methoden einer GWR nicht ausschließlich im forensischen, sondern auch im archäologischen Rahmen, beispielsweise für eine Museumsausstellung, angewandt. Dabei steht weniger die Identifizierung im Vordergrund, als vielmehr die sinnbildhafte Darstellung einer Person zu deren Lebzeiten. Dadurch wird der Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben, Vorfahren und historischen Persönlichkeiten direkt ins Gesicht zu sehen. In dieser Veröffentlichung soll die Vorgehensweise der forensischen GWR am Beispiel einer Rekonstruktion des Gesichtes einer historischen Person vorgestellt werden. Neben der Prozessvorstellung einer GWR wird ein Überblick über Voraussetzungen bis hin zu Visualisierungsmöglichkeiten aufgezeigt.